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Elektromyostimulation (EMS) nutzt elektrische Impulse zur gezielten Muskelkontraktion. Vom historischen Einsatz durch Luigi Galvani bis hin zur modernen Ganzkörper-EMS verbindet die Methode Wissenschaft und Effizienz. Sie ermöglicht ein intensives, zeitsparendes Training durch die Aktivierung aller großen Muskelgruppen und wird sowohl im Leistungssport als auch in der Rehabilitation eingesetzt.
Die elektrische Stimulation der Muskulatur führt zu einer unwillkürlichen Kontraktion der aktivierten Muskelfasern. Diesen Zusammenhang erkannte schon Luigi Galvani im 18. Jahrhundert bei seinen frühen Versuchen an Froschschenkeln. Er nutzte unter anderem die Elektrizität von Gewitterblitzen, um die Froschmuskulatur zur Kontraktion zu bringen (Bresadola, 1998). Die Nervenfasern der Froschschenkel verband er dafür mit einer Art Blitzableiter. Glücklicherweise ist man bei der heutigen Form des EMS-Trainings nicht mehr auf die Lichtbögen zwischen Wolken und Erde angewiesen, deren elektrische Energie bei mehreren Milliarden Joule liegt.
Die im 19. Jahrhundert entworfenen ersten mechanischen Stromgeneratoren zur Ansteuerung lokaler Muskelbereiche dienen bis heute als Vorbild moderner Elektrostimulation. Nach der Jahrhundertwende stellten namhafte Forscher mit ihren Untersuchungen zur Wirkung auf das Nerven- und Muskelsystem sowie der Festlegung einer Terminologie zur Elektrostimulation die Grundgesetze der Elektrostimulation auf.
Wirksamkeit auf Basis der physiologischen Muskelkontraktion
Die quergestreifte Skelettmuskulatur gewährleistet die Stütz- und Zielmotorik des Menschen. Ihre Kontraktion erfolgt – im Gegensatz zur glatten Muskulatur – willkürlich über einen zerebrospinalen Nervenimpuls. Dieser wird als Aktionspotential vom zentralen Nervensystem über das Rückenmark und die Nervenfasern an die α-Motoneurone weitergeleitet. Das Aktionspotential löst an den motorischen Endplatten der zu dem jeweiligen α-Motoneuron gehörigen Muskelfasern (motorische Einheit) die Freisetzung des Neurotransmitters Acetylcholin aus. Acetylcholin bindet an seine Rezeptoren auf der postsynaptischen Membran und führt über ein Endplatten-/Aktionspotential zur Öffnung von spannungsabhängigen Calciumkanälen und damit zur Auslösung der Kontraktion. Die Kontraktion erfolgt durch die Interaktion der Myofilamente Aktin und Myosin, die durch ein „Vorbeigleiten“ eine Verkürzung der Sarkomere (kleinste kontraktile Einheit des Muskels) und im Gesamtgeschehen eine Muskelkontraktion bewirken[1, 2].
Auch die Ganzkörper Elektromyostimulation (EMS) basiert auf der Auslösung einer Muskelkontraktion über einen elektrischen Impuls. Dieser Impuls wird extern über Elektroden übermittelt, die im Rumpfbereich und den proximalen Extremitäten angebracht werden. Die abgegebenen elektrischen Impulse sind niederfrequent (i.d.R. 85 Hz), lösen eine kurze Muskelzuckung aus und führen durch wiederholte Abgabe der elektrischen Impulse zu einer Kontraktion des betroffenen Muskels [3]. EMS-Training wird individuell maßgeschneidert in einer 20-minütigen Anwendung einmal pro Woche (maximal alle 4 Tage) unter einer persönlichen Betreuung (1:1, maximal 1:2) durchgeführt. Zu Beginn der Anwendung ist die Identifizierung und schrittweise Annäherung der individuellen Intensitätstoleranz der Impulsstärke erforderlich.
Die moderne Form der Elektrotherapie
Elektromyostimulation wird bereits seit vielen Jahren im Trainingsbereich und Leistungssport sowie lokal in der rehabilitativen und physikalischen Therapie eingesetzt. Im Gegensatz zu der lokalen Anwendung, bei der der koordinative Reiz fehlt und die trainierte Kraft im Alltag nur schwer umgesetzt werden kann, kombiniert das Ganzkörper EMS-Training die extern getriggerte Muskelkontraktion mit willkürlichen Muskelkontraktionen. Die zusätzlichen Übungen können isometrisch oder dynamisch ausgeführt werden und verstärken den Wirkungsgrad der Methode[3]. Damit macht sich die Ganzkörper-EMS vorteilhafte Elemente aus der konventionellen Elektromyostimulation zunutze und verbindet diese als Ganzkörper-Maßnahme zu einem innovativen Konzept: Durch simultanes Aktivieren von Agonisten, Antagonisten und tiefer gelegenen Muskelgruppen kann die Muskulatur intensiver und ausdauernder trainiert werden. Die Aktivierung aller großen Muskelgruppen verhindert einseitige Belastungen und muskuläre Dysbalancen und bietet eine effektive und zeitsparende Möglichkeit des muskulären Aufbaus sowie der muskuloskelettalen Stabilisation in Prävention und Therapie.
Literaturverzeichnis: